Kaum sitzen Daisy und Donald auf meiner Couch, als Daisy schon weint. Sie sieht müde aus, hat traurige Augen und wirkt kraftlos. Donald sitzt etwas unsicher neben seiner Frau und wartet still ab, bis sie aufhört zu weinen.
Sie haben zwei kleine Kinder, das Jüngste wird noch gestillt. Jede Nacht wird der Schlaf durch ein hungriges kleines Kerlchen unterbrochen. Donald arbeitet viel und studiert nebenbei.
Das junge Paar erzählt mir von Frust, von Erschöpfung und von gegenseitigen Vorwürfen.
Daisy kann sich kaum beruhigen: „Ich wollte diese beiden Kinder und bin dankbar Mutter zu sein, aber es ist so anstrengend!
Ich bin so müde und so enttäuscht, dass Donald mich so viel allein lässt. Wir haben kaum noch schöne Stunden miteinander. Immer muss irgendetwas getan werden, oder wir haben Streit.
Eigentlich wollte ich wieder in meinen Beruf einsteigen, ich schaffe es aber gar nicht. Gleichzeitig will ich es, denn dann erlebe ich mal etwas anderes als Lego bauen und Kinderfernsehen!“Donald nickt traurig und erzählt: „Wir haben uns das beide ganz anders vorgestellt. Ich möchte manchmal mein altes Leben zurück! Da haben wir wenigstens gelacht! Daisy macht mir ständig Vorwürfe, dass ich sie allein lasse oder zu wenig unterstütze. Sie scheint zu vergessen, dass ich einen Vollzeitjob habe und danach einfach müde bin. Sie erwartet aber, dass ich mich dann um alles kümmere, weil sie das schon den ganzen Tag gemacht hat.
Wie sollen wir das jemals lösen? So geht es nicht mehr weiter!“
Die gegenseitige Anerkennung ist oft ein Thema in der Paarpraxis.
Viele Paare scheinen eine Art Wettkampf zu führen, wer am meisten macht und daher das größte Recht auf die Anerkennung und Entlastung des Partners hat.
Dieser negative Kreis von gegenseitigem Beobachten und Hochrechnen von Tätigkeiten, die dann in Vorwürfen enden, sollte unterbrochen werden.
Daisy und Donald brauchen beide die Anerkennung und Wertschätzung des Partners, weil sie sich selbst diese Anerkennung nicht geben.
In der Paarberatung arbeiten beide daran, eigene Grenzen zu beachten und diese dem Partner mitzuteilen ohne Vorwürfe machen zu müssen.
Ein wichtiger Punkt ist, zu überlegen, wo und wie sie Kraft schöpfen können und wie sie sich dafür gegenseitig Freiräume zugestehen. Sie schauen mit einem anderen Blick auf die gemeinsamen Ziele und überlegen, wie sie diese am besten in der stressigen Lebenssituation erreichen können.
Wenn Daisy und Donald es schaffen, nicht mehr auf die Anerkennung und Wertschätzung des Partners angewiesen zu sein ,um nicht zusammen zu brechen, werden sie in der Lage sein ,diese Wertschätzung freiwillig und von ganzem Herzen zu geben!